Unser Produzenten - Leidenschaft für Delikatessen und Feinkost
Freaks sind Leute, die eine bestimmte Sache ziemlich
exzessiv betreiben. Freaks sind zwar Freaks, sie
stehen jedoch unbedingt an der Schwelle zur Coolness,
gerade weil sie ihr Ding machen, egal, was andere
davon halten. Und: Freaks sind keine Nerds. Sie
interagieren mit ihrer Umgebung. Selbst wenn viele
von ihnen ein Leben lang im Hafen der Sinnlosigkeit
herummanövrieren, gibt es unter ihnen solche, die
uns als Gesellschaft mit etwas ganz Besonderem beschenken
– von den Kulinarikern unter den Freaks
soll an dieser Stelle die Rede sein. So unterschiedlich
ihr Tun sein mag, eines ist immer gleich. Das Kopfschütteln
und der Gedanke: „Darauf wäre ich nie gekommen“.
Noch etwas: Freaks können weiblich sein.
beispiel eins. der verdichter
Ein hübsches Gläschen. Darin Tomaten. Soweit erst
einmal. Auf dem Weg zum Inhalt dieses Gläschens begegnet
man einer nicht eben kleinen Gruppe von Produzenten,
deren Ziel es ist, so viel Wasser wie möglich
in eine Tomate zu bekommen, bevor sie sie zu Markte
tragen. Das Gläschen hingegen ist Resultat genau der
entgegengesetzten Richtung: Verdichtung.
Piennolo ist eine kleine Tomatensorte von den Hängen
des Vesuvs mit dicker, dunkelroter Schale. Ihr Geschmack
wird nochmal intensiver durch leichtes Antrocknen,
bevor sie im eigenen Saft oder in Salzlake
abgefüllt wird. Das Ergebnis ist sensationell, sozusagen
die Essenz der Essenz des Tomatengeschmacks.
Slow Food hat die „Pomodorino del Piennolo del Vesuvio DOP“ schon vor längerem in die „Arche des
Geschmacks“ aufgenommen. Aber es braucht tief
mit den Vesuv-Traditionen verbundene Fanatiker wie
die Bauern der Azienda Agricola Casale Pietropaolo,
damit das Seltene zu seltenem Genuss wird.
Eigentlich sollte man dieses Gläschen immer mit sich
führen. Man weiß nie, ob einem nicht ein gegrillter
Fisch begegnet oder sonst was, das unverhofft auf
Veredelung durch die sizilianische Sonne wartet.
beispiel zwei. der diplomant
Es begann ziemlich harmlos 2003 mit einer Diplomarbeit
über Schweinehaltung. Titel: „Schweine in der
Waldweide und Möglichkeiten der Reaktivierung dieser
Haltung“. Verfasst wurde sie von Hans-H. Huss,
der sich in ihr mit dem historischen Haltungsverfahren
von Hausschweinen in deutschen Wäldern beschäftigt.
Womit niemand rechnete: Dass Huss das, was er
herausfand, auf drei Hektar Land in die Tat umsetzen
würde. Heute gibt es die Eichelschwein GmbH und
mit ihr auf klapp 50 Hektar Hausschweine, die sich
frei durch den fränkischen Hutwald wühlen. Hutwald
bedeutet: Man rodet nicht zur Weide, sondern schickt
das Vieh in den Wald. Das öffentliche Interesse ist so
groß, dass ein „Erlebnisweg“ geplant ist. Ein Erlebnis
außerdem:
die fantastisch würzigen Würste und Pasteten
des Eichelschweins aus dem Hutwald.
beispiel drei. der völkerwanderer
Es ist nicht ungewöhnlich: Bienenvölker dahin zu
fahren, wo Raps, Lavendel, Sonnenblumen blühen.
Man muss aber eine gewisse Portion Fanatismus
mitbringen, um, wie Davide Bosio und seine Frau
Roberta von der Apicoltura Vallera es tun, seine Bienen mit dem LKW auf die
Almwiesen des Val Chisone, Val Thures und Val Germanasca
zu kutschieren, damit sie dort Alpenrose,
wilde Himbeere, Glockenblume, Thymian, Esparsette,
verschiedene Kleearten und allerlei andere alpine
Blumen und Kräuter verkosten. Die Honigausbeute
dieser Touren ist minimal, der Geschmack dafür einmalig.
So lohnt dann letztlich doch wieder alles. Es
muss nur Leute geben, die sowas tatsächlich machen. Testen Sie unbedingt den herrlichen Alpenrosenhonig und den einzigartigen Piemonteser Hochgebirgs-Wildblumenhonig der beiden.
beispiel vier. fortschrittsverweigerer
Man betritt den kleinen Laden durch einen Fliegenvorhang,
den jedes Haushaltsgeschäft in Kampanien
führt. Dann aber ist man in einer anderen Welt, die
aus Donatella Marino, ihrem Mann Vincenzo sowie
tiefster Vergangenheit besteht. Hier werden nach alter
Tradition („Die Alten wissen mehr als wir“) Sardellen
verarbeitet. Gefangen werden diese ausschließlich
„alla menaica“, einer Tradition, die es mittlerweile
nur noch in der Gegend rund um Marina di Pisciotta
und Acciaroli gibt: Mit langen Holzbooten (menaide)
fahren die Fischer in ruhigen Nächten zwischen April
und Juli auf das Meer und werfen ihre Netze aus. Der
Fang wird sofort verarbeitet, anschließend folgt eine
lange Reifezeit in Steingutgefäßen. Die gute Nachricht:
Slow Food hat für die Alici di Menaica ein Presidio
eingerichtet, um diese Art des Fischfangs wieder
rentabler zu machen. Die schlechte: Die Qualität
der Sardellen ist so gut und die Menge so winzig, dass
wir pro Kunde höchsten zwei Gläser Alici di Menaica
sott‘Olio abgeben können.
beispiel fünf. der unterirdische
Es geht um Schein und Sein und um viel Geld. Und
es geht um einen Mann, der als Anwalt des Wahren
seine Nase überall hineinsteckt: in Kofferräume und
Plastiktüten, in Hinterzimmer und Verkaufsräume.
Er ist unser Gewährsmann – der Name spielt keine
Rolle –, wenn wir Ihnen Albatrüffel (Tuber magnatum
pico) und schwarzen Wintertrüffel (Tuber melanosporum)
anbieten. Und er ist auch derjenige, der zu
allen Sommertrüffeln und so weiter sagt: „Vergiss es!“
beispiel sechs. der fremde
Vanja Dujc. Quereinsteiger. Produziert eines der begehrtesten
Olivenöle in einer Region, Slovenien, die
für Öle eigentlich gar nicht existiert. Er ist das beste
Beispiel für einen positiven Fanatismus, der die Sache,
einmal ihr verschrieben, über Ruhm, Macht und
Reichtum stellt. Und zu grandiosen Qualitäten findet.
Es ist paradox, aber gerade der Internethandel eröffnet
neue Möglichkeiten, von all diesen fixen Ideen zu
erfahren und als Produzent auch leben zu können. Entdecken Sie hier das begehrte Olivenöl von Vanja Dujc.
