
Italien. La famiglia.
Ungeschriebene Gesetze von Stolz und Ehre. Wie man sie sühnt und sie befleckt. Sie ahnen, worum es geht: Die Nudel. Und die Sauce dazu.
warum italien?
Italien ist für viele von uns ein ganz besonderer kulinarischer Sehnsuchtsort. Das hat einen Grund. Während man beispielsweise in Frankreich Essen eher als Nationalsymbol verfeinerter Lebensart versteht, umschließt Essen in Italien den ganzen Menschen. Es wendet sich an jeden, an die Großmutter, den Padre wie das Kind, denn unabhängig davon, ob sich jedem seine Raffinesse erschließt – schmecken tut es allen. Es hält Leib und Seele und die Sitten zusammen, es zeigt, wie man respektvoll mit den Zutaten umgeht und was „regional“ im besten Sinne bedeuten kann: sehen, was ohnehin da ist, es kultivieren und in seiner Ausprägung zu fördern (Stichwort: Radicchio und Bitterstoffe). Und es hilft nicht zuletzt, Gut von Böse zu unterscheiden. Es gibt nunmal nur dieses eine Rezept einer Tomatensauce, alles andere ist indiskutabel, cringe. Vor allem aber – darin vielleicht nur mit der japanischen Küche zu vergleichen – findet man in Italien einen aberwitzigen kulinarischen Perfektionismus, dessen scheinbar simples Resultat uns immer wieder neu überrascht und entzückt.
pasta.
Schon der Duft einer guten Pasta, versehen mit etwas Olivenöl und ein paar Spänen Parmesan, kann betörend sein. Er ist der Vorbote einer kleinen delikaten Sensation, zubereitet aus wenigen Zutaten. Die allerdings sind unglaublich klug aufeinander abgestimmt. Leider ist es wie bei allem auch hier so: Der Grat zwischen „einfach fantastisch“ und „einfach nur einfach“ ist schmal. Es gehört demnach durchaus Mut dazu, etwas so Einfaches, bar jeder sichtbaren Aura des Besonderen, auf den Tisch zu bringen.
andrea und benedetto machen sich selbstständig.
>Ende des vorletzten Jahrhunderts hegten der apulische Hartweizenbauer Andrea Cavalieri und sein Sohn Benedetto den Plan, eine Fabrik zu gründen, mit dem Ziel, erstklassige Pasta zu produzieren. 1918 war es dann so weit: Die Pastificio Benedetto Cavalieri wurde gegründet. Bis heute ist das Unternehmen in Familienhand und wird mittlerweile in fünfter Generation betrieben. Bis heute gilt die Pasta von Cavalieri als die vielleicht beste Italiens. Aber warum?
der weizen.
Bei der Pastificio wird seit der Gründung ausschließlich frisch vermahlener Hartweizen der Sorte Senatore Capelli von exponiert gelegenen Feldern verwendet. Unter selten rauhen Wachstumsbedingungen entwickelt die Pflanze nur wenige Früchte. Das Ergebnis: ein äußerst magerer Ertrag, aber ein ungemein intensives Aroma.
zeit.
Wie beim Brotbacken ist Zeit eine der wichtigsten Zutaten bei der Pastaherstellung. Erst sie setzt beim Kneten und Ruhen das volle Aroma des Weizens frei und sorgt durch lange, schonende Trocknung im Anschluss für den perfekten Biss auf dem fertigen Teller.
oberfläche ist alles.
Der Moment, in dem die eigentliche Pasta entsteht: Möglichst langsam und bei schwachem Druck wird der Teig durch spezielle Bronzematrizen gepresst. Nur dieses Material sorgt für eine einzigartig rauhe Oberfläche der Pasta, die den Geschmack noch einmal verstärkt, vor allem aber dafür sorgt, dass Pasta und Sugo sich innig verbinden.
hochzeit.
„Mantecare“, ein nicht übersetzbarer Begriff, bezeichnet die glückliche Verbindung von Pasta und Sauce. Wir würden vielleicht sagen: Hochzeit. Fotografierende Food-Blogger würden eher sagen: ein Alptraum. Denn Pasta und Sauce werden immer vor dem Servieren innig vermengt.
Und zwar so: Die al dente gekochte Pasta wird abgegossen, kurz zuvor etwas Nudelwasser für den späteren Gebrauch abgezweigt. Nudeln und Sugo in die vom Herd gezogene Pfanne oder in eine gut angewärmte Schüssel geben. Etwas Nudelwasser sowie einen guten Schuss Olivenöl dazu und nun diese Emulsion aus Sugo, Wasser und Öl durchschwenken. Das darf auch mal bis zu fünf Minuten dauern, solange, bis die Konsistenz von Pasta und Sugo ideal ist.
Das Resultat: delikat.
die einzig wahre tomatensauce.
Es gibt in Italien gleich mehrere Institutionen, Konsortien, Kommitees, die mit Stolz „die einzig wahre Tomatensauce“ für sich in Anspruch nehmen. Das ist eine der wenigen Formen von Intoleranz, die etwas Gutes hervorbringt – als Versuch, ein tiefes kulinarisch- handwerkliches Verständis gegen die Beliebigkeit und sein Verschwinden zu verteidigen. Diese Sicherheit der Tradition haben wir hier nicht. Uns Nicht-Italienern bleibt nur der Respekt und ein experimenteller, foschender Geist, um eigene Wege zu gehen.
der weg als ziel.
An guten Zutaten aus allen Regionen Italiens wird es nicht länger fehlen. Und sie passen leicht in einen kleinen Rucksack.
Zuletzt das Versprechen: „Jetzt geh‘. Mehr brauchst du nicht, um dein Glück zu finden“.
Italien. La famiglia . Ungeschriebene Gesetze von Stolz und Ehre. Wie man sie sühnt und sie befleckt. Sie ahnen, worum es geht: Die Nudel. Und die Sauce dazu....
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Italien. La famiglia.
Ungeschriebene Gesetze von Stolz und Ehre. Wie man sie sühnt und sie befleckt. Sie ahnen, worum es geht: Die Nudel. Und die Sauce dazu.
warum italien?
Italien ist für viele von uns ein ganz besonderer kulinarischer Sehnsuchtsort. Das hat einen Grund. Während man beispielsweise in Frankreich Essen eher als Nationalsymbol verfeinerter Lebensart versteht, umschließt Essen in Italien den ganzen Menschen. Es wendet sich an jeden, an die Großmutter, den Padre wie das Kind, denn unabhängig davon, ob sich jedem seine Raffinesse erschließt – schmecken tut es allen. Es hält Leib und Seele und die Sitten zusammen, es zeigt, wie man respektvoll mit den Zutaten umgeht und was „regional“ im besten Sinne bedeuten kann: sehen, was ohnehin da ist, es kultivieren und in seiner Ausprägung zu fördern (Stichwort: Radicchio und Bitterstoffe). Und es hilft nicht zuletzt, Gut von Böse zu unterscheiden. Es gibt nunmal nur dieses eine Rezept einer Tomatensauce, alles andere ist indiskutabel, cringe. Vor allem aber – darin vielleicht nur mit der japanischen Küche zu vergleichen – findet man in Italien einen aberwitzigen kulinarischen Perfektionismus, dessen scheinbar simples Resultat uns immer wieder neu überrascht und entzückt.
pasta.
Schon der Duft einer guten Pasta, versehen mit etwas Olivenöl und ein paar Spänen Parmesan, kann betörend sein. Er ist der Vorbote einer kleinen delikaten Sensation, zubereitet aus wenigen Zutaten. Die allerdings sind unglaublich klug aufeinander abgestimmt. Leider ist es wie bei allem auch hier so: Der Grat zwischen „einfach fantastisch“ und „einfach nur einfach“ ist schmal. Es gehört demnach durchaus Mut dazu, etwas so Einfaches, bar jeder sichtbaren Aura des Besonderen, auf den Tisch zu bringen.
andrea und benedetto machen sich selbstständig.
>Ende des vorletzten Jahrhunderts hegten der apulische Hartweizenbauer Andrea Cavalieri und sein Sohn Benedetto den Plan, eine Fabrik zu gründen, mit dem Ziel, erstklassige Pasta zu produzieren. 1918 war es dann so weit: Die Pastificio Benedetto Cavalieri wurde gegründet. Bis heute ist das Unternehmen in Familienhand und wird mittlerweile in fünfter Generation betrieben. Bis heute gilt die Pasta von Cavalieri als die vielleicht beste Italiens. Aber warum?
der weizen.
Bei der Pastificio wird seit der Gründung ausschließlich frisch vermahlener Hartweizen der Sorte Senatore Capelli von exponiert gelegenen Feldern verwendet. Unter selten rauhen Wachstumsbedingungen entwickelt die Pflanze nur wenige Früchte. Das Ergebnis: ein äußerst magerer Ertrag, aber ein ungemein intensives Aroma.
zeit.
Wie beim Brotbacken ist Zeit eine der wichtigsten Zutaten bei der Pastaherstellung. Erst sie setzt beim Kneten und Ruhen das volle Aroma des Weizens frei und sorgt durch lange, schonende Trocknung im Anschluss für den perfekten Biss auf dem fertigen Teller.
oberfläche ist alles.
Der Moment, in dem die eigentliche Pasta entsteht: Möglichst langsam und bei schwachem Druck wird der Teig durch spezielle Bronzematrizen gepresst. Nur dieses Material sorgt für eine einzigartig rauhe Oberfläche der Pasta, die den Geschmack noch einmal verstärkt, vor allem aber dafür sorgt, dass Pasta und Sugo sich innig verbinden.
hochzeit.
„Mantecare“, ein nicht übersetzbarer Begriff, bezeichnet die glückliche Verbindung von Pasta und Sauce. Wir würden vielleicht sagen: Hochzeit. Fotografierende Food-Blogger würden eher sagen: ein Alptraum. Denn Pasta und Sauce werden immer vor dem Servieren innig vermengt.
Und zwar so: Die al dente gekochte Pasta wird abgegossen, kurz zuvor etwas Nudelwasser für den späteren Gebrauch abgezweigt. Nudeln und Sugo in die vom Herd gezogene Pfanne oder in eine gut angewärmte Schüssel geben. Etwas Nudelwasser sowie einen guten Schuss Olivenöl dazu und nun diese Emulsion aus Sugo, Wasser und Öl durchschwenken. Das darf auch mal bis zu fünf Minuten dauern, solange, bis die Konsistenz von Pasta und Sugo ideal ist.
Das Resultat: delikat.
die einzig wahre tomatensauce.
Es gibt in Italien gleich mehrere Institutionen, Konsortien, Kommitees, die mit Stolz „die einzig wahre Tomatensauce“ für sich in Anspruch nehmen. Das ist eine der wenigen Formen von Intoleranz, die etwas Gutes hervorbringt – als Versuch, ein tiefes kulinarisch- handwerkliches Verständis gegen die Beliebigkeit und sein Verschwinden zu verteidigen. Diese Sicherheit der Tradition haben wir hier nicht. Uns Nicht-Italienern bleibt nur der Respekt und ein experimenteller, foschender Geist, um eigene Wege zu gehen.
der weg als ziel.
An guten Zutaten aus allen Regionen Italiens wird es nicht länger fehlen. Und sie passen leicht in einen kleinen Rucksack.
Zuletzt das Versprechen: „Jetzt geh‘. Mehr brauchst du nicht, um dein Glück zu finden“.